Sebastian Kreimeier: Agonie Auf Der Rolltreppe

Mit seinem Roman „Agonie auf der Rolltreppe“ ist Sebastian Kreiemer ein gesellschaftskritisches Buch voller Denkanstösse und Impulse gelungen.

Stell dir vor, die Welt wird komplett kontrolliert. Was machst du: kämpfst du oder fügst du dich der Kontrolle? Und wie weit gehst du, um in diesem Konstrukt zu überleben? Hast du Interesse, deine Identität zu behalten oder wirst du gezwungermaßen mit der Masse mitschwimmen?

Basti muss sich diese Frage ständig stellen. Der junge Mann mit dem wachen Geist lebt in dieser Welt. Und auch wenn diese nur eine dystopische Erfindung des Autoren ist- sie hat erschreckend viele Parellelen mit unserer Welt, mit unserem Zeitgeschehen.
In dieser Welt herrscht der totale Kapitalismus, der ständige Konsum. Die Rolltreppen sind ein Symbol dafür. Basti fährt immer wieder auf und ab auf den Rolltreppen der Gesellschaft und spürt dabei eine gewisse Agonie, die ihn ausmacht, die sein Leben bestimmt.

Die Menschheit wird immer mehr zu Waren transformiert. Der Kapitalismus schlägt voll zu und missbraucht die Menschheit für seine Realisierung. Es geht um Konsum, um Amüsement, um Träume und Lachen- und alles wird kontrolliert von den großen Konzernen. Eine eigene Identätit zu haben, ist nicht erwünscht in dieser Gesellschaft und wer sich gegen den Massenkapitalismus und die Abgabe seiner Identität wehrt, lebt sehr gefährlich und wird bedroht.

Es existieren nur noch zwei dieser Großkonzerne und sie wollen jeweils das Weltmonopol für sich gewinnen. Der Westen wird vertreten von BuddyCorp aus den USA, der Osten von der CopyCatGroup, sesshaft in China. Sie führen eine Art kalten Krieg miteinander, der langsam in eine echte Schlacht umschlägen könnte. Denn bevor es zum Kampf kommt, müssen die anderen Gesellschaftschichten mundtot gemacht werden, sie müssen sich fügen. Denn wie in jeder dystopischen Welt, gibt es Rebellen. Menschen, die sich eben nicht fügen werden und gegen die neue Weltordnung einstehen.

Basti muss sich entscheiden. Fügt er sich ein und lebt damit ruhig, verliert aber einen großen Teil seiner Identätit oder schliesst er sich den Rebellen an und leistet Widerstand gegen den Kapitalismus und hemmungslosen Konsum? Und was wird passieren, wenn er ein Aufständiger wird? Basti hat die Fähigkeiten, das Chaos aus Lügen, Wahnsinn und Kontrolle aufzudecken…

Der Schreibstil von Sebastian Kreimeier fällt auf und sticht hervor. Er besitzt einen schlichten, aber sehr direkten Schreibstil und umschreibt die Welt in „Agonie auf der Rolltreppe“ sehr treffend. Dieser macht die Lektüre des doch umfangreichen und kritischen Themas sehr einfach und sorgt dafür, dass man Zugang zum Storyplott findet. Und der Inhalt ist definitiv keine leichte Kost. Er regt sehr zum Nachdenken an und ja, natürlich ist er auch politisch. Ich habe erschreckend viele Parallelen zu unserer Gesellschaft gefunden, ich habe sehr viel über die Handlung nachgedacht und war beeindruckt.

Wer sich damit befassen möchte, welche krassen Folgen Kapitalismus haben kann, der sollte sich dieses Buch zulegen. Es gibt neue Impulse, legt den Finger in politische Wunden, mit denen wir uns tatsächlich herumschlagen müssen. Alleine der Aspekt des Konsum hat in der Realität in den letzten Jahren überhand genommen. Zu lesen, was Kontrolle, mit der der Kapitalismus nun mal verbunden ist, auslösen könnte, ist schockierend, aber auch sehr unterhaltsam.

Ich musste mich erst mal an den Schreibstil des Autoren gewöhnen, aber dann war ich voll dabei. Für mich ist das Buch nicht massentauglich, denn eine bestimmte Lesergruppe wird sich nicht mit dem Thema befassen wollen. Dabei ist es wie eine Warnung vor dem, was uns erwarten könnte. Ich bin dankbar, dass es mir neue Denkanstöße und Impulse geschenkt hat.

Ein Buch, welches man nicht einfach mal so, zwischendurch, lesen kann. Ein Buch, dass nachdenklich stimmt.

3,5/5 *