Kennt ihr Lübeck? Inklusive seinem Wahrzeichen, dem Holstentor? Ich reise sehr gerne in die Hansestadt- auch literarisch. Das ermöglichte mir nun Autorin Anna Perband mit ihrer neuen historischen Familiensaga, die eben dort spielt. Und ich möchte euch diesen ersten Band sehr ans Herz legen.
Klappentext: „Ihr Weg scheint vorgezeichnet, doch vier Freundinnen versuchen, mithilfe ihrer engagierten Lehrerin ihr persönliches Glück zu finden. Im renommierten Pensionat am Holstentor lernen die Höheren Töchter Lübecks, was von ihnen erwartet wird. Doch die Jahrhundertwende bringt Veränderungen. Vor allem die temperamentvolle Grafentochter Nora begehrt auf gegen das gesellschaftliche Korsett. Zusammen mit ihren Freundinnen – Kaufmannstochter Agnes, Senatorentochter Lotte und Stipendiatin Fanny – genießt sie das unbeschwerte Pensionatsleben, bevor sich ihr Schicksal entscheidet. Eine Vertraute finden die Mädchen in der jungen Lehrerin Gesche Petersen, die sie in ihrem Wunsch nach Bildung und Selbstbestimmung bestärkt. Doch als Gesche sich in Noras Bruder Henry verliebt, stößt sie selbst an Grenzen. Eine Verbindung mit dem jungen Grafen scheint undenkbar. Auch Noras Freundschaft zu dem jungen Hafenarbeiter Karl sprengt die Konventionen … “
Also, da wären wir: wir befinden uns zur Jahrhundertwende im Pensionat für Töchter höheren Standes. Sie sollen auf ihre Position in der Gesellschaft vorbereitet werden- dabei begleiten wir 4 Freundinnen und ihren Lebensweg. Den Anfang macht Nora von Jagow, die Tochter eines Grafen. Sie freundet sich schnell mit Agnes an, deren Vater ein bekannter, reicher Kaufmann ist, mit Lotte, der Seniorentochter und Fanny, die ein Stipendium hat. Sie werden unterrichtet von der Vorsteherin Dorothea Eggers, aber auch von Gesche Petersen, die sich den Respekt der jungen Frauen schnell verdient. Denn durch sie lernen sie auch Herzlichkeit kennen und erweitern ihren Horizont. Denn das Leben bietet mehr als Französisch oder Handarbeiten. Sie unterrichtet sie auch in Literatur, Mathe und anderen Naturwissenschaften, was den Damen hilft, ein eigenes Weltbild anzueignen, was fernab von Etikette und Oberschicht liegt.
Nora soll im Pensionat geformt werden, zu einer heiratswürdigen jungen Frau. Das Ziel ihres Vaters, dem Grafen ist es, sie mit einem angemessenen Mann verheiraten zu können, der natürlich auch adliger Herkunft sein muss! Aber Nora ist mehr als eine Mitläuferin, mehr als feine Dame. Sie besitzt viel Temperament und sieht ihren Platz nicht in der Ehe mit einem standesgemäßen, aber langweiligen Adligen, den sie nicht lieben wird. Ihre Liebe gehört den Pferden- aber auch dem Stallburschen Karl, mit dem sie tolle Zeiten erlebt. Nora wollte nicht ins Pensionat, die Anmeldung geschah gegen ihren Willen.
Ich habe Nora in mein Herz geschlossen. Das junge Mädchen begehrt innerlich auf, muss sich aber fügen und der Behandlung im Pensionat unterziehen. Man spürt als Leser:in regelrecht ihren Unwillen, den für sie bestimmten Weg zu gehen. Sie sieht sich nicht in der Rolle der Adligen, die einen anderen Adligen heiraten muss. Sie ist ein Freigeist, emotional und ehrlich. Und sie fühlt sich zu Karl hingezogen, was ein No-Go in ihrer Welt ist.
Ich habe sehr schnell in den Roman hinein gefunden. Der Schreibstil der Autorin macht es leicht, sich wohlzufühlen. Sie zeichnet mit den vier Mädels Freundinnen, die einander finden und haben, die ihr Leben gegenseitig einfacher machen. Mit dem ersten Band erleben wir das Leben der jungen Adligen Nora und tauchen ganz hinein in das Pensionat mit seiner strengen, seltsamen Vorsteherin und den Differenzen. Die Autorin zeichnet eine realistische Welt, denn diese Pensionate gab es einst wirklich.
Ich liebe den Schreibstil, das Cover und hatte intensive, wunderbare Lesestunden. Nora von Jagows Schicksal hat mich mitgerissen, mitfiebern lassen und ich bin sehr gespannt auf Band 2!
Die 384 Seiten flogen nur so dahin und ich kann es kaum erwarten, die Schicksale der anderen 3 Mädchen zu erfahren. Historisch, interessant, spannend und emotional. Eine Empfehlung!
4,5/5 *