Lange hat mich kein Buch mehr so nachhaltig beeindruckt, wie „Der Wind weht, wohin er will“ von Susanna Tamaro…
Chiara lebt mit ihrer Familie im Ort Partma, Emilia Romagna. Dort wohnen sie in einem Haus. Der Ort steht für Ruhe, für den Zustand nach einem Trauma. Die Familie entschlieest sich, dass die anstehenden Weihnachtsfeiertage ganz entspannt gehalten werden. Jedes Mitglied darf entscheiden, was es an diesen Tagen gerne macht. Tochter Alisha verreist mit ihrem Freund und Verlobten, die andere Tochter Ginevra entscheidet sich für einen Skitrip, während die dritte Tochter Elia lieber einen Freund besucht. Chiaras Ehemann hingegen geht mit seinen Freunden von früher auf eine Wandertour in die Berge. Chiara, Ende 60, und das Familienpberhaupt, bleibt zuhause. Sie hat keine Lust, zu verreisen. Und sie möchte die Zeit alleine benutzen, um ihre Gedanken schriftlich zu fixieren. Sie schreibt Briefe an ihre Familienmitglieder, in denen sie mit vielen Dingen aufräumt. Auf diese Weise macht Chiara mehr oder weniger ihr Testament.
Und damit sind wir bei der Stärke der Romane von Susanna Tomara. Wieder lässt sie die Hauptprotagonistin Briefe an ihre Mitmenschen verfassen, welche das ganze Geschehen aufgreifen und klarer beleuchten. Auf einfühlsame Weise erfahren wir so nach und nach alles über Chiara und ihr Verhältnis zu ihren Töchtern, sowie zu ihrem Mann. Sie schreibt über den familiären Zusammenhalt, über Liebe, über die Vergangenheit.
Ich hätte nicht gedacht, dass mir diese medidative Form einer Erzählung so gut gefallen würde. „Der Wind weht, wohin er will“ ist kein typischer Mainstream-Roman, dafür ist er viel zu einfühlsam und leise, viel zu ruhig und entspannt. Wir blicken tief in die Seele einer Frau Ende 60, die mit ihrem Leben abschließt, was natürlich noch keinen tatsächlichen Abschied bedeutet. Wir werden Zeugen ihrer Gedanken, erleben, was Familienzusammenhalt bedeutet und werden Teil von einer Familie, die einfach toll ist.
Der Schreibstil ist dank der Briefe lebhafter, als ich gedacht habe. Wir werden mit allen Informationen versorgt, aber wir tauchen auch ganz tief ein in diese Familie, die so vielschichtige Charaktere hat. Interessant, einfühlsam, der Schreibstil ist ebenfalls toll.
Ein bemerkenswertes Buch!